Nackte Erscheinung
25. 2. – 27. 5. 2000
Eine Ausstellung mit Werken von:
Roland Albrecht, Stella Armut,
Fritz Balthaus, Michael Behn,
Joseph Beuys, Hans Bötel,
George Brecht, Marcel Broodthears,
Christel Burmeier, Marcel Duchamp,
Edel Exel, Jan Faktor,
Robert Filliou, James Geccelli,
Ulrike Johannsen, Christoph Mauler,
Maya & Michael, Diter Rot,
Henrik Schrat, Barbara Steppe
Der Titel wirft Fragen auf, die die Kunst und die Philosophie betreffen. Er bezieht sich auf einen Essay von Octavio Paz über das Werk von Marcel Duchamp.[1] Angesichts der zahlreichen Veröffentlichungen über Werk und Leben Duchamps, scheinen seine Werke ihre Nacktheit einzubüßen, dennoch scheint uns der Titel „Nackte Erscheinung“ das Wunderbare der Ready-mades z.B. am genauesten zu treffen.
Das Bestreben nach Entkleidung, Entblößung und Purifikation zieht sich nicht nur durch das Werk von Duchamp, sondern auch durch das von vielen anderen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Daher sind auch einige Arbeiten von „Klassikern“ der jüngeren Kunstentwicklung wie Joseph Beuys, George Brecht, Marcel Broodthaers, Robert Filliou, Diter Rot, Wols vertreten. (Die Toten müssen die Lebenden ernähren!)
Dazu haben wir 14 Künstler/innen eingeladen, sich zu dem Thema „Nackte Erscheinung“ an der Ausstellung zu beteiligen. Es sind überwiegend Künstler aus dem Bereich Bildende Kunst, aber auch Künstler, die aus der Literatur oder Musik kommen. Uns interessiert, ob und wie Künstler/innen heute mit diesem Thema umgehen. Bei aller Unterschiedlichkeit läßt sich eher eine ironische Haltung beobachten. Ist man heute gegenüber der „nackten Erscheinung“ skeptischer?
Gibt es so etwas wie „nackte“ Erscheinung überhaupt? Schon die antiken Skeptiker, die so ziemlich an allem zweifelten, leugneten nicht die Existenz von Erscheinungen. Sie versuchten aber, sich aller Wertungen und Urteile zu enthalten, die Erscheinungen „nackt“ zu belassen. Etwas Ähnliches streben auch viele Künstler an, für die Marcel Duchamp zu einem Prototyp wurde. Duchamps Favorisieren einer Schönheit der Indifferenz war stark beeindruckt von der „Gleichgültigkeit“ des Pyrrhon von Elis (360 –270 v. Chr.). Pyrrhon soll einen so heiteren, gelösten Eindruck auf seine Zeitgenossen gemacht haben, daß für längere Zeit die Philosophen von der Steuer befreit wurden.
Vielleicht kann diese Ausstellung eine Spur dieser Haltung vergegenwärtigen.
[1] Paz, Octavio: Apariencia desnuda. La Obra de Marcel Duchamp, Mexico D.F. 1978,
deutsch: Nackte Erscheinung, Das Werk von Marcel Duchamp, Berlin 1987